Kreisrunder Haarausfall: Neue Therapie mit JAK-Inhibitoren macht Hoffnung
Haarausfall ist mehr als ein ästhetisches Problem. Für viele Betroffene bedeutet es einen tiefen Einschnitt ins Selbstwertgefühl. Besonders belastend wird es, wenn die Haare plötzlich büschelweise ausfallen, wie bei der jungen Kosmetikerin Deborah Studer. Doch eine neuartige Therapie mit JAK-Inhibitoren gibt ihr neue Hoffnung und bringt nicht nur ihre Haare, sondern auch ein Stück Lebensfreude zurück.
2025-07-03, 15:00 Uhr
«Im Sommer 2017 entdeckte meine Mutter beim gemneinsamen Frühstück im Urlaub eine kahle Stelle an meiner Kopfseite. Man fragt sich natürlich sofort, was das sein kann. Das macht einem wirklich Angst», erzählt Deborah Studer.
Die Diagnose lautete dann: Alopecia areata, auch bekannt als kreisrunder Haarausfall. Trotz sofortiger Behandlung, unter anderem mit Cortison, liess sich die Krankheit nicht aufhalten.
«Das hat mir den Boden unter den Füssen weggezogen. Ich fiel in ein tiefes Loch, auch psychisch. Eine Zeitlang wollte ich gar nicht mehr unter Leute und habe mich zu Hause versteckt. Die Haare fielen büschelweise aus, nach und nach entstanden kahle Stellen. Innerhalb eines Jahres hatte ich fast alle Haare verloren. Das war eine sehr schwere Zeit für mich».
Alopecia areata kann am Kopf oder am ganzen Körper auftreten. Der Haarverlust entsteht durch eine fehlgeleitete Immunreaktion, bei der das Immunsystem die eigenen Haarwurzeln angreift. Dadurch kommt es zu einer chronischen Entzündung, die das Haarwachstum dauerhaft stört, was dazu führt, dass die Haare ausfallen und nicht mehr nachwachsen.
Für Deborah, Tochter einer Coiffeuse, hatten Haare immer einen besonderen Stellenwert. Der Verlust war für sie nicht nur eine äussere Veränderung, sondern auch emotional zutiefst belastend.
Am Universitätsspital Basel erfährt sie von einer neuen Therapie mit sogenannten JAK-Inhibitoren. Prof. Alexander Navarini, Chefarzt Dermatologie, erklärt: «Dieses Medikament blockiert einen Entzündungssignalweg. Wenn das richtig gemacht wird, verlieren die Immunzellen ihre Wirkung und Haare können wieder wachsen. Das ist revolutionär, weil der Wirkstoff in Tablettenform verabreicht wird. Die Leute können ihn bequem schlucken, bei gleicher Wirksamkeit wie Medikamente, die man bisher nur spritzen konnte».
Deborah beginnt mit der neuen Behandlung, zunächst ohne grosse Hoffnung. «Ich habe nicht daran geglaubt, dass es funktioniert. Aber dann begannen die Haare nach etwa zwei Monaten wieder zu wachsen. Das war ein richtiges Glücksgefühl. Es gab mir die Lebensfreude zurück».
Laut Prof. Navarini zeigen etwa 40 Prozent der Patientinnen und Patienten nach drei Monaten ein 80-prozentiges Nachwachsen der Haare. «Wenn man das mit früher vergleicht, ist das extrem gut. Bei anderen kommt es leider nur zu feinem Flaum oder gar keinem Effekt».
Die genauen Ursachen für kreisrunden Haarausfall sind noch unklar. Genetische Veranlagung und Umweltfaktoren können eine Rolle spielen. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
«Wir wissen, dass Patientinnen und Patienten mit Neigung zu Allergien – etwa Heuschnupfen, Neurodermitis oder Asthma – ein erhöhtes Risiko haben. Auch Autoimmunerkrankungen wie Schilddrüsenprobleme können eine Rolle spielen», erklärt Prof. Navarini.
JAK-Inhibitoren gelten allerdings nicht als ungefährlich. Bei früheren Medikamentengenerationen traten schwerwiegende Nebenwirkungen auf, etwa Thrombosen oder Krebserkrankungen. «Darum sind wir sehr vorsichtig, vor allem bei älteren Personen über 65. Wir klären die Leute über mögliche Risiken auf und wägen gemeinsam den Nutzen ab», sagt Prof. Navarini.
Da die Therapie nur die Symptome lindert, nicht aber die Krankheitsursache behandelt, kommt es nach Absetzen des Medikaments häufig wieder zu Haarausfall. Trotzdem sind die Erfolge für viele ein Hoffnungsschimmer.
Deborah beschreibt ihre Erfahrung so: «Für mich war es wie ein Wunder und ein unbeschreibliches Glücksgefühl. Ich wusste, dass die Behandlung wirkt und etwas passiert. Das war einfach wunderschön. Haare sind für mich als Frau ein ganz besonderes Schmuckstück».
Mehr dazu im TV-Beitrag von «gesundheit heute».
Ihr Kontakt
Prof. Alexander Navarini
Chefarzt Dermatologie
Universitäre Altersmedizin Felix Platter
Burgfelderstrasse 101
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